Es passiert jeden Tag viele Male: Clevere Verkäufer von unnützen Branchenverzeichnissen rufen Gewerbler an und schicken ihnen dann einen Fax. Am Telefon machen die Verkäufer unwahre Behauptungen – und verleiten so ihre Opfer zu einer Unterschrift unter das Faxformular.
Zu den Tricksern gehört die Firma Intercom in Lugano TI. Gabriela Siegrist von der Pfister AG Tank-Revisionen in Bözen AG erhielt einen Anruf von der Intercom: Sie habe doch früher mal in einem Branchenbuch inseriert – ob sie nun diesen Vertrag verlängern wolle. Siegrist hatte kein Interesse.
Der Verkäufer sagte Gabriela Siegrist, sie müsse ihm dies für seine Unterlagen bestätigen und einen Fax unterschreiben, damit das Inserat nicht weiterlaufe. «Man hat mich glatt angelogen», empört sich Gabriela Siegrist. Ein solches früheres Inserat gebe es gar nicht. Hätte Siegrist die zugefaxte Bestätigung unterschrieben, wäre sie einen neuen Vertrag eingegangen.
Unterschrift sei nur «eine Formsache»
Dass Verkäufer frühere – und nicht existierende – Verträge ins Feld führen, ist typisch für die Branche.Das war auch bei Fredy Pasin aus Suhr AG der Fall. «Man sagte uns: Falls wir unseren Eintrag im Branchenbuch löschen möchten, müssten wir den Fax unterschrieben retournieren.»
Und auch bei Arnold Salathé aus Seltisberg BL war es so. Ihm wollte der Verkäufer weismachen, er könne mit einer Unterschrift eine Verlängerung des Vertrages für sein Malergeschäft annullieren.
Nicole Macias aus Füllinsdorf BL sollte ebenfalls übers Ohr gehauen werden. Der Verkäufer behauptete, die verlangte Unterschrift sei nur eine «Formsache».
Gleich geht die Firma The Yellow Pages vor. «Man hat uns gebeten, einen Fax zu unterschreiben, damit der bereits mündlich gekündigte Vertrag sicher nicht mehr weiterlaufe», erinnert sich Walter Albert von der AWT AG in Turbenthal ZH.
Vertrag als «Absageformular» bezeichnet
Identische Abläufe auch bei der Berliner Firma Regionaler Wirtschaftsdienst. Heinz Bucher von der Hebu Handels GmbH in Entlebuch LU erhielt am Telefon den Eindruck, das zugefaxte Blatt sei eine Verzichtserklärung. Die drei genannten Firmen haben die Fragen des K-Tipp nicht beantwortet.
Identisch geht die Weko Media aus Berlin vor. Sie gaukelte Lisa Rotach aus Heiden AR einen bestehenden und nun auslaufenden Vertrag mit ihrem Malergeschäft vor. Eine Weiterführung könne Rotach nur mit einer Unterschrift unter das zugefaxte Formular verhindern.
Doris Jaquet aus Steffisburg BE fiel auf den gleichen Trick herein. Sie unterschrieb, weil man ihr am Telefon vorschwindelte, so könne sie einen bestehenden Eintrag löschen lassen. Doch nun hat sie einen teuren Vertrag mit einer Telcom Agentur in München. Wie auch Restaurantbesitzer René Feurer aus Riehen BS. Er gewann aufgrund des Telefonanrufs den Eindruck, es handle sich um ein Absageformular.
Die Werbung bringt in der Regel nichts
Auffallend: Die angeblichen Bestätigungen, die in Wahrheit neue Verträge sind, tragen alle die meist handschriftliche Bemerkung «Läuft automatisch aus. Wird danach nicht verlängert».
Mit dieser typischen Bemerkung verstärken die zwielichtigen Firmen bei den angerufenen Gewerblern den Eindruck, es gehe um die Löschung eines bestehenden Eintrages.
Die Ausrisse auf dieser Seite (oben) machen zudem deutlich, dass von unterschiedlichen Firmen auch mal die gleiche Handschrift kommt. Das ist ein Hinweis darauf, dass bei den verschiedenen Firmen oft die gleichen Hintermänner aktiv sind.
Die Folgen für die Opfer sind stets gleich: Wer nicht aufpasst und unterschreibt, geht einen teuren Werbevertrag ein, der insgesamt mehrere Tausend Franken kostet. Doch die verkaufte Werbung in Ortsplänen oder Firmenverzeichnissen bringt in der Regel nichts. Wer irrtümlich unterschrieben hat, kann sich wehren (siehe unten).
Wer bei Weko Media und Telcom Agentur hereingefallen ist, erhält jetzt Mahnungen von der Index Media GmbH in Zug. Diese habe die Forderungen dieser zwei Firmen durch Zession übernommen, schreiben die Geschäftsführer, Alfred Emmenegger und Giorgio Falletti.
Die Aussage von K-Tipp-Lesern, die Verträge seien erschlichen worden, weist Falletti zurück. Und er sagt, der Vorwurf der absichtlichen Kundentäuschung sei falsch.
Die aktuelle Liste der Registerhaie
Die Namen der Firmen, die den Schweizer Gewerblern und Kleinfirmen Werbung in gedruckten Verzeichnissen verkaufen, wechseln ständig. Zurzeit aktiv sind:
- The Yellow Pages in Paris
- Regionaler Wirtschaftsdienst in Berlin, Tobek Media in Berlin
- FraVal Concept AG in Bern
- Nerus AG in Rapperswil SG
- New Media Design in Birmingham (GB)
- Trend Media Regional in Rotkreuz ZG
- SM Swiss Motion in Arth SZ
- Media Print NT in Zug.
Viele Anbieter verkaufen auch Werbung im Internet. Hände weg von den Angeboten von Webclick GmbH («Online Branchenbuch»), HIM Swiss-Internet AG in Ins BE, Branchendirekt24 in Düsseldorf und www.ch-telefon.ch von Markus Bortolini bzw. B und P Dienstleistungen (K-Tipp 16/07)!
Sind Sie hereingefallen? Nicht zahlen!
Wer einen Vertrag unterschrieben hat, weil er mit falschen Angaben und unleserlichen kleingedruckten Bedingungen getäuscht wurde, sollte der Trickserfirma sofort einen eingeschriebenen Brief schicken mit dem Text: «Ich fechte hiermit den Vertrag vom … wegen absichtlicher Täuschung bzw. Grundlagenirrtum an. Der Vertrag ist ungültig. Deshalb werde ich Ihre Rechnungen nicht bezahlen.»